Das Versprechen, mit dem sich die gute 350er Enfield im Bildhintergrund mal so gut verkauft hat, versuche ich dieser Tage dem Fahrer eines über dreißig Jahre alten Raleigh-Herrenrades mitzugeben. Die zwei haben eine Traumkarriere hingelegt: Vom Lehrgeld mühsam erspart, neu gekauft und stolz Jahrzehnt um Jahrzehnt gefahren. Bis neulich, da ging dann gar nichts mehr, und das kleine Sturmeygetriebe gab vollends den Geist auf. Lange vorher war da auch schon so einiges anderes zu den Ahnen gegangen, das Licht, die vordere Bremse ... Sie ahnen schon, was für eine Fuhre mir da angeschoben kam.
The Raleigh Cycle Company, Nottingham gibt es seit 1887.
Und genau deshalb ist alles ein bißchen anders an meinem imperialen Patienten. Es sieht eben nur aus wie eines unserer landläufigen Hollandräder, aber nö, es ist ein Brite, und die kochen gern ihr eigenes Süppchen: Ein bißchen enger hier, ein bißchen kürzer da - Plumber´s Nightmare eben, siehe Enfield...
Ich sitze glücklich beim Trompeter auf dem Bänkchen und bin eben ein geschmeidiges, recht sportliches Achtgangrad gefahren, kein Klappern, kein Stottern, fast unbritisch. Drei Wochen sind vergangen und die haben sich gelohnt.
Es ist jetzt ein RestoMod, würde Jay Leno sagen. Also, nicht so ganz original.
Und zwar zum Guten: Die Lampe scheint jetzt zehnmal heller, Naben und Bremsen sind moderner, und der Lenker ist auf Kundenwunsch ein anderer, "schnellerer".
Dabei haben wir aber soviel wie möglich vom alten Zauber erhalten: Klingelchen und Lenkerhebel haben wir mit rübergenommen und auch der Rest der fälligen Ersatzteile gleicht dem Original oder fügt sich in den Rest ein.
Klar kümt da wieder der Originaltoni über Drehgriffschalter an Oldtimern, ist mir aber wurscht: Das Ding muß laufen, und zwar anständig, und so sieht das heute eben aus. Machste nix, ich hätte auch lieber steampunkische Daumenschalter, es gibt aber keine in dieser modernen Mangelwirtschaft. Also, Toni, gehab Dich wohl!
Und diese blaue Blechkiste ist ein wahrer Übeltäter!
Das ist eng und schepprig und blötschig und alt. Und britisch. Da wohnen jetzt volle acht Shimanogänge drin, aber bis die da drin waren, hat´s alle Finger gepitscht und alle Nerven gekostet. Schön, wenn es dann doch klappt. Und sogar ohne gröberen Lärm, beim Fahren sogar fast geräuschlos! Ich bin sehr stolz auf meinen trickreichen Blechscherenkünstlermechaniker: Hut ab, mein Freund!
Und da steht das Kunstwerk nun, hoffentlich, das war der Auftrag, fit für die nächsten dreißig Jahre. Für das Geld hätte man natürlich auch ein mittelmäßiges Neurad kaufen können, aber manch einer setzt sich fest und will einfach hocken bleiben. Und da kenne ich was von, meine Enfield ist auch bald so lange bei mir.
Blue Velvet mit der Blechschere, echt, und das auch noch in der Hauptsaison: "Die spinnen, die Briten!". Jetzt ein Bier!